issue 1 - november 2010 |
Mike MAC KELDEY |
Das exklusive Interview mit Mike MacKeldey "Mein Hauptwerk bezieht sich immer wieder auf den Kopf" | |
Mike MacKeldey "Hirngespinst" (ausschnitt) 122x102cm öl auf baumwolle 2010
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berliner Art: Eine idee... Du nennst zehn Fragen, die du gerne gefragt werden würdest...
Mike MacKeldey: Ich mach mir mal Gedanken. Hätte aber auch nichts gegen Fragen von Dir. Stehe irgendwie auf dem
Frageschlauch....muss mal zur Seite. Welche?
Wieviel Liter Farbe ist auf einem Bild? Und was hast du geantwortet?
Ungefähr
0,75 Liter, also eine Wasserflasche voll. Du brauchst für ein Bild einen Tag?
Nun, ich brauche
für
ein Bild ca. 3 - 7 Stunden. Das bezieht sich auf die reine Arbeitszeit,
im
Vorfeld brauche ich viele Stunden, um mich zu sammeln, mental
dafür bereit zu
sein. Ein Bild kostet mich unheimliche Aufmerksamkeit und Energie; auch
wenn
die Zeit sehr kurz erscheinen mag, mein Zeitgefühl ist dabei
ein
Eigenes....meist benötige ich am darauffolgenden Tag eine
Pause.
Du wirst am 5. November Deine Soloausstellung in
der galerie son in Berlin eröffnen. Cassandra's erstes Leben beginnt vorläufig in 5 Minuten Als Pressetext fungierte ein Gedicht. Ja, das passte zu dem ganzen Kinderkram von mir, ein Gedicht. Es gibt auch eine sehr treffende Laudatio des Frankfurter Kurators Florian Koch, die er anlässlich Deiner Ausstellung in der Heyne-Fabrik Offenbach Anfang diesen Jahres auf Deine Kunst hielt. Wir haben Sie hier auf berliner-art.com auch veröffentlicht. Hatte ihm
auch schon stolz den Link auf Eure Seite geschickt.
gruslustlig. es füttert irgendwie die Vorstellung von einem Kopfkranken
Künstler, kann mir auch gut vorstellen, die Sensationslust einiger
Menschen zu regen.
An dem Punkt hätt ich ne Nachfrage: Ich habe da kein Konzept, alles was tue entsteht intuitiv, meist spontan, wonach mir halt in dem Moment is. Das war mir bis eben auch garnicht bewusst, aber irgendwie ist da schon was dran. Wiederum sehe aber auch garnicht "meine" Kunst, als Meine an....insofern ist die Trennung ja schon vorhanden. Das
kann ich verstehen, wenn du sagst, dass
„deine“ Kunst nicht unbedingt
Deine sei. Klaro kommt sie aus dir heraus, aber
wenn man einsingt,
trittst du zurück. In Deiner vita steht, dass Du über zwei Jahre mehrere Klinikaufenthalte wegen Kopfoperationen hattest. ... wieso hast Du das erwähnt? Das ist ambivalent....auf der einen Seite ist es eine wichtige Geschichte, auf der anderen drückt es auf die Mitleidsschiene...oder ähh dieses Klischee von dem Kranken, der dann anfing zu malen. Ja, ich teile ein bisschen die
Bedenken. Aaaaaalsooooo........einst war
ich Sportler, Radrennfahrer (auch recht erfolgreich) und am 1.August
1993 bei
einem Rennen 100m vor dem Ziel bin ich gestürzt, auf das
Köpfchen und Gesicht
(sah übel aus). Seit dem klagte ich über
Kopfschmerzen und starken Schwindel.
Was passierte dann? Plötzlich
stand die ganze Ärztemannschaft mit Professor vor meinem Bett,
der Professor
war sichtlich sehr aufgebracht und aufgeregt, machte seine Kollegen
fertig:
Nach der OP war vergessen worden, die Drainage, welche dafür
verantwortlich war; dass das ganze
angestaute Blut ablaufen
konnte, zu öffnen...ich hatte Blutungen unter der Hirnhaut, es
musste sofort
eine Not-OP unternommen werden. Hirnblutungen unter der Hirnhaut sind
nichts
lustiges, es besteht Lebensgefahr, oder Hirnschäden.
Aua. Also wenn dein Leben einmal verfilmt wird, wird die Geschichte auf jeden Fall erzählt werden... Ist jetzt alles ok? Nun ja, mir geht es eigentlich ganz gut, bin halt etwas schwindelanfällig bei zu hoher Belastung...es entsteht dann so ein tranceartiger Zustand. Es ist schon okay so, mir geht's gut. : ) Hm. Bei Vincent van Gogh wird dessen Nebenschauplatzkrankenhausgeschichte auch stets erzählt... Wobei ich darüber denke, dass er nicht in die damalige Welt gepasst hat bzw. er nicht verstanden und deshalb für verrückt erklärt wurde. Die Frage ist, wieviel Privates Du in die Öffentlichkeit zu geben bereit bist. Und überhaupt: Wann hast du angefangen zu malen und warum? (wobei Warum ist oft ne doofe Frage) Meine
damalige Freundin malte, war sehr lieb und geduldig mit mir, denn ich
war nach
dem Unfall schon depressiv geworden...also versuchte sie mich
immerwieder
aufzubauen.....an einem Abend kam sie auf die Idee, dass wir doch
gemeinsam ein
Bildchen malen könnten.....fand ich aber gar nicht so gut
diese Idee, ich
meinte zu ihr, dass ich doch gar nicht malen kann, und
außerdem hatte ich auch
gar keinen Bock zu malen.
Und konnte Sie Dich schließlich doch zum Malen bringen? Nun
gut, meine Freundin blieb hartnäckig und überredete
mich doch, gemeinsam zu
malen.....nach einer viertel Stunde fragte ich sie, ob es ihr was
ausmachen
würde, wenn ich jetzt allein an dem Bild weitermale.....sie
gönnte es mir
natürlich. Am nächsten Tag bin ich in einen kleinen
Künstlerladen gegangen und sagte
zu dem sympathischen alten Mann, dass ich anfangen möchte zu
malen, bitte
verkaufen sie mir, was man dafür so braucht.
Kannst du Schlüsse aus dieser Geschichte für dein späteres Kunstschaffen ziehen? (im Stil, in der Motivation, durch die Erinnerung ...), und ab wann wusstest Du, dass Du voll und ganz Künstler sein willst?
Auf
jeden Fall ist das der größte Einfluss, diese ganze
Geschichte, und mein Hauptwerk bezieht sich
immer wieder
auf den Kopf...oder das Portrait. Die Gesichter sehen meist
auch gar nicht
so lustig aus. Lustig werden sie dann durch die
Überkritzelung...oder auch
nicht.
Du hast eine Ausbildung zum Friseur bemacht. Wolltest Du das auch oder war das noch äußerlicher Zwang? Kunst
wollte ich dann nach meiner Genesung sofort studieren, entschied mich
aber
zunächst dagegen. Mein Gedanke war (und ist immer noch): du
bist Künstler oder
du bist es nicht, das kann die beste Kunsthochschule auch nicht
ändern...also
entschied ich mich - eher aus Verlegenheit - für den Beruf als
Friseur (so wie
alle in meiner Familie). Ich hatte auch einmal einen Fahrradsturz, seitdem habe ich zwei dritte Zähne und fahre nicht mehr Rad. Schade,
dass du kein Rad mehr fährst, für mich ist es noch
immer mein
Fortbewegungsmittel Nr. 1. Besitzt Du Dein erstes Bild und "der Glaube setzt neue Maßstäbe" noch?
Das
erste Bild wollte ich gerade vor einer Woche einer Freundin
zeigen...war nicht
zu finden. Bitte suche und finde auch das andere (auf koreanisch sind suchen und finden dasselbe Wort). Die
Koreaner gefallen mir, hat eine buddhistische Form....sage auch lieber
finden
statt suchen.
Ich finde das Müllbild sehr gelungen. Ich hoffe, dass Du es in der galerie son ausstellst. Das
Müllbild war sogar schon mal im MMK Museum für
Moderne Kunst in Frankfurt gewesen.
Und dann? Wie liefs? Hatte
also meinen Termin mit dem MMK und dachte nun den Durchbruch vor der
Nase zu
haben.........bis ich dann mit 2 Bildern in seinem Büro
saß und fertiggemacht
wurde:
... das mit dem
(komischen) Film über Dich wird
noch was...
Ne, es hing leider nich....soweit wollte Herr Mario Kramer nicht gehen. Dann wars also nur ne Performance. Hihi!!!! In welchem Jahr war das denn? Das war 1997 bei Dr. Mario Kramer. Dann schreiben wir es so in die
Vita:
Hehe. lustig Wie ging es bei dir eigentlich nach
1993 weiter bzw. nach
1995? künstlerisch, Habe vieles ausprobiert und noch n' paar Sachen auf Lager. Das ist gut so. Nö. In
diesem jahr 2010 scheinst du dich entschlossen zu haben,
nun endlich
mit deiner Kunst richtig hinaus gehen zu
wollen.
Meine Philosophie war es, dass die Dinge
passieren, von
alleine, es kommt eh alles von alleine auf mich zu.....und das
wäre auch
eigentlich so ausgegangen: Es gab aber auch einige sehr vielversprechende positive Reaktionen von Museen und Galerien national & international, oder?!
Ich
bin da etwas abergläubig...es ist noch eine sehr sehr gute
dabei, welche ich
aber nicht verraten möchte.....außerdem bin ich in
Kontakt mit Budapest und
vielleicht Malmö.
Du bist zwar Autodidakt, aber hattest Du außerhalb des Schul-/Unibetriebs Lehrer? Du bist doch automatisch Autodidakt,
wenn du neues Land
betrittst, wenn man Dinge experimentiert bei denen der Ausgang offen
bleibt. Keine wichtigen Menschen, von denen du viel gerlent hast? Nicht einmal Kollegen oder Freunde? Klaro gibt es Lehrer, man kommt ja auch garnicht daran vorbei, wenn du es so siehst kannst du von jedem und allem lernen, auch von einer Ameise. Und bist Du irgendwann technisch an Deine Grenzen gestoßen? 2006 besuchte ich eine Kunstmesse und war sehr beeindruckt von fotorealistischen Gemälden.....das wollte ich auch können, also bin ich ins Atelier gegangen und malte zwei, drei Monate an einem Portrait.....zwischendurch bei den Augen, der Nase bin ich richtig wild geworden, schimpfte mit mir, machte mich richtig fertig, lag am Ende auf dem Boden und musste heulen, weil ich mich oder das Bild zu schlecht empfand.... Aber das sieht ja aus wie ein Foto! Deshalb habe ich es erst nicht erkannt.
Richtig, bei dem zweiten unfertigen hatte ich einfach keinen Bock mehr auf den schlechten Fotorealismus von mir. Aber das Bild, welches mich so fertig machte, war schon das vollendete. Die sehen aber sehr gekonnt aus.
Nun, ich überzieh das schon ein bissl, aber es gibt definitiv bessere Fotorealisten,
mein Anspruch an die Kunst ist verspielter. Ich danke Dir für diese Unterhaltung und freue mich auf Deine Ausstellung. |
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